Strahlender Sonnenschein empfing die aktiven Mitglieder am 23. April, die zur Einweihung des neuen Baums auf der Ecke Martin-Luther-Straße/Martin-Luther-Platz eilten. Nach einer Weile des Eilens setzte die Festivität sich in Gang: Nachdem eine ukrainische Sängerin eine ukrainische Weise gesungen hatte, hielt der Begriffsbeauftragte traditionsgemäß die Festrede (siehe unten), im Anschluss schnitt die Frühstücksdirektorin traditionsgemäß das Band durch und die ukrainische Sängerin sang eine weitere ukrainische Weise, in der es um Liebe gegangen sein soll. Dann erreichte der Tag seine historische Dimension in letzter Vollendung, denn erstmals wurde einigermaßen anhörbar die Vereinshymne gesungen. Dies war nur möglich durch das souveräne Dirigat des Musikbeauftragten und dessen elektronische Untermalung, in die das Geigenspiel der Jugendbeauftragten auf das Vortrefflichste integriert ward. Sehr zu danken ist auch dem Social-Media-Beauftragten, der am Vorabend noch zur Chorprobe aufgerufen hatte.
Festrede
Werte Vereinsgeschwister,
liebe Heimatfreundinnen und -freunde,
liebe Nachbarinnen und Passanten!
Wir sind heute hier zusammengekommen, um unseren Baum einzuweihen.
Dieser Baum ist ein weiteres Beispiel dafür, was zivilgesellschaftliches Engagement erreichen kann. Durch die beharrliche Korrespondenz unseres Außenbeauftragten, dem an dieser Stelle unser größter Dank ausgesprochen sei, mit der freundlichen Vertreterin der Stadtverwaltung, die wir hiermit aus der Ferne herzlich grüßen, wurde es erreicht, eine schmerzliche Lücke zu schließen: Wir haben – wieder – einen Baum an dieser Stelle!
Der geschätzte Namensgeber unseres herrlichen Platzes und dieser schönen Straße soll einmal gesagt haben, er würde heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen, wenn er wüsste, dass morgen die Welt unterginge.
Nun, die Arbeitshypothese vom Weltuntergang machen wir uns jetzt mal nicht zu eigen, sondern beschränken uns auf die Information, dass ein Apfelbaum keine städtische Option war. Es musste ein Tulpenbaum sein!
Da ist es natürlich auch nicht mehr so schlimm, dass der Spruch vom Apfelbäumchen in Wahrheit gar nicht von Martin Luther ist.
Des Tulpenbaums Blätter sind grün, seine Blüten sind gelb und – wie zu erwarten war – tulpenförmig. Der Baum blüht im Mai und Juni. Er wird bis zu 18 Meter hoch, wächst aufrecht und kegelförmig und kann 300 Jahre alt werden. Der Tulpenbaum ist winterhart, liebt aber – und das ist natürlich wichtig – Wärme.
Als die Nachricht seiner Einpflanzung die Runde machte und noch der dumpfe Klang der Pfostenramme durch unsere Straßen hallte, war unsere Frühstücksdirektorin als Erste zur Stelle, um sich von den emsigen Arbeitern die Details erklären zu lassen.
Sie kann Euch auf Nachfrage sicher mehr erzählen zu der Kanalisation und der Belüftung, die unter dem Baum eingerichtet wurde.
Ich habe mir gemerkt, dass er ein Jahr lang bewässert werden soll.
Danach möchte ich JEDE und JEDEN hier regelmäßig gießen sehen! DAS ist UNSER Baum, für den WIR gemeinsam Verantwortung tragen!
Das wird auch durch die Plakette dokumentiert, die hier angebracht wurde und unsere Urheberschaft benennt. Ich weiß nicht, wieviel Begeisterung oder Kopfschütteln oder Angst oder Empörung die Information schon ausgelöst hat, dass hier ein HEIMATVEREIN zugange war…
Nun, allen Skeptikerinnen und Zweiflern sei gesagt, dass wir weder eingetragen sind, noch einen einheitlichen Heimatbegriff pflegen. Wir sind uns nur einig in dem Bemühen darum, Bewahren und Erneuerung in Einklang zu bringen.
Außerdem trinken wir alle dasselbe Bier.
Unsere Heimat aber ist offen für alle. Unser Freund, der Baum, zum Beispiel stammt aus Nordamerika. Möge er sich lange Zeit hier wohlfühlen! Möge er das Auge der Durstigen wie der frisch Erquickten, die an ihm vorübergehen, erfreuen und dieser schönen Straße Schatten spenden! Möge er ein Zeichen und ein Beispiel sein für Wachstum und Beständigkeit, für Erneuerung und für die durch die globale Erwärmung notwendig werdenden sozial-ökologischen Transformationsprozesse!
Möge er uns alle überleben!
Das mit dem Uns-Überleben klang jetzt vielleicht ein bisschen pathetisch, aber man muss das ja auch mal so sehen, dass es für uns noch andere Dinge zu tun gibt außer andauernd neue Bäume nachzupflanzen!
Was lange währt, wird endlich gut
Was gut wird, macht uns neuen Mut
Das gute Werk, es blieb kein bloßer Traum
Er wurde wahr: Wir haben einen Baum.
Frühstücksdirektorin! An’s Band!